Bei Sonnenaufgang liefen wir am Fluss entlang zu unserem Hostel; vorbei an Joggern, Jogagruppen und anderen Spaziergängern. Es war idyllisch und eigentlich auch zu schön, um wahr zu sein. Wir glauben, diese Stille ist in der Hauptstadt um diese Zeit und an diesem Ort einzigartig sind. Ansonsten dominiert hier eher der Verkehr und damit Lärm und Abgase, und die Tuk-Tuk-Mafia, die es in Verbindung mit kaum existenten Gehsteigen und willkürlichen Verkehrsregeln den wenigen Fußgängern extrem schwierig macht voran zu kommen (außer uns war aber auch jeder auf mindestens zwei Rädern unterwegs :D).
Von unseren Freunden auf der Reise wurden uns jedenfalls die sogenannten Killing Fields ans Herz gelegt, da ein Besuch notwendig ist, um das Volk der Khmer und deren Geschichte zu verstehen. Da wir vor Abflug nach Singapur nochmal nach Phnom Penh zurückkehren würden, nahmen wir uns für das erste Mal hier auch nichts anderes vor. Als wir eine Roller liehen, wurden wir auf die abenteuerliche Bestechungspolitik in Kambodscha hingewiesen. In der Praxis sieht das dann so aus: An jeder größeren Kreuzung stehen zwei (korrupte) Bullen, die willkürlich Fahrer rausziehen, sich dann irgendein “Vergehen” ausdenken, das sie “eigentlich” aufnehmen müssen. Aber für ca. 2$ erbarmt sich dann ihre Hoheit und drückt nochmal ein Auge zu. Für deutsche Verhältnisse unvorstellbar, aber gut, andere Länder andere Sitten ;)
Alle Verkehrsregeln beachtend vermieden wir zum Glück alle Bullen (HA HA) und machten uns auf zu den Killing Fields. Die 40min Fahrt durch Schotter, Staub und Baustellen waren echt der Horror ;D
Die Killing Fields sind eine symbolische Gedenkstätte für die grausamen Verbrechen der Khmer Rouge an dem Volk von Kambodscha. Unter der Führung des radikal sozialistischen Paul Pot wurden 3 Millionen der damals 8 Millionen Kambodschaner von Anhängern der Khmer Rouge auf grausamste Weise ermordet. Am Eingang der Killing Fields erhält man ein Audiogerät mit Kopfhörern, das einen durch die verschiedenen Stationen führt. So konnte man sehr aufmerksam zuhören und wurde nicht von den anderen Touristen abgelenkt. Unter den Stationen waren viele der Massengräber oder eine Zuckerpalme, mit deren scharfen Rinde Kehlen durchgeschnitten wurden. Auf dem Weg waren immer wieder kleine Bereiche abgesperrt, weil Mitarbeiter der Gedenkfelder noch immer Knochen, Zähne und Stoffreste im Boden finden die in der Regenzeit herausgespült werden. Die mit Abstand grausamste Gedenkstation war ein einfacher Baum, dessen tiefdunkle Geschichte kein Auge trocken ließ: Wärter haben diesen Baum regelmäßig als Mordwerkzeug benutzt. Sie packten Babys und Kleinkinder an den Füßen und schlugen ihre Köpfe solange gegen den Baum bis sie keine Schreie mehr von sich gaben. Durch all die Eindrucke bekommt man ungefähr ein Gefühl, was sich hier abgespielt haben muss, aber es ist trotzdem kaum zu fassen, wie ein paar Personen einer Nation ihr halbes Volk auslöschten. Am Ende des Rundgangs kamen wir zur Gedächtnis-Stupa, in dem Schädel, Knochen und Mordwerkzeuge “ausgestellt” waren, damit die Verbrechen der roten Khmer niemals in Vergessenheit geraten.
Kambodscha ist nicht nur ein Land mit einer tragischen Vergangenheit, sondern leider immer noch sehr sehr arm. Glücklicherweise gibt es viele internationale und nicht-staatliche Organisationen, die sich vor Ort engagieren und den Kindern Kambodschas eine Zukunft geben. Eines der vielen Projekte holt Kinder von der Straße und bilden Sie in der Gastronomie als Köche oder Servicekräfte aus. Am Abend vor unserer Weiterreise besuchten wir eines dieser Restaurants in Phnom Penh, namens Friends. Es war mittlerweile so berühmt, dass wir 10 min draußen warten mussten bis ein Tisch frei wurde :) Die Preise der Gerichte sind im kambodschanischen Vergleich eher teuer, aber sie waren jeden einzelnen Dollar wert. Wir haben lange Zeit nicht so gut gegessen wie an jenem Abend. Für Anni gab es “Penne with Spicy Sausage, Tomato-Basil Sauce and Shaved Parmesan”, für Alex “Watercress, Orange, Beetroot And Goat Cheese Salad With Red Wine Vinaigrette” und als Nachtisch “Palmsugar Caramelized Pineapple with Coconut and Chili Ice Cream” – SAGENHAFT!
Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus nach Sihanoukville, einer berühmten Hafenstadt Kambodschas und einem beliebten Urlaubsziel für viele Ausländer. Auch wenn wir eigentlich geplant hatten, noch einmal auf eine der vielen umliegenden Inseln zu fahren, blieben wir doch vor Ort am Otres Beach. Dort verbrachten wir unsere letzten Tage damit, uns auf Liegen zu sonnen, in den Strandrestaurants zu essen, Billard zu spielen und vor allem dem aufdringlichen, überall vorherrschendem Grasgeruch auszuweichen ;) Dabei rechtfertigten wir jeden noch so kleinen Luxus, wie eine warme Dusche mit Bad im Zimmer (OH JA, Luxus!), mit den Worten: “Das gönnen wir uns jetzt mal!” – dieser Satz fiel dann 3-4x am Tag! Ansonsten passierte hier nicht viel und wir haben uns auch nicht der Versuchung einer Happy Herb Pizza mit Extra Weed Shake oder Joint hingegeben :D Deswegen gibt es hier auch nur ein paar wenige Bilder von unserem Lotterleben dort:
Vor Abflug nach Singapur haben wir noch zwei Nächte in Phnom Penh in einem $12-Zimmer mit gigantischen drei Doppelbetten und Klimaanlage verbracht. Unsere Phase des kleinen Luxus-Gönnens ging auch hier noch weiter, als wir unseren letzten Tag damit verbrachten an einem Pool eines anderen Hotels zu chillen oder ein paar Tapas über den Dächern Phnom Penhs zu verspeisen. Auch wenn wir das Ganze sehr genossen, freuten wir uns schon wieder riesig auf das leckere Essen und unseren letzten Tag in Singapur.